Oha! Verkehr

Es folgen einige Ausführungen zum Verkehr aus Sicht der Ökoeffizienz. Leser, die die Problemanalyse überspringen möchten und direkt zum ökoeffizienten Handeln im Verkehr wollen, klicken bitte hier.

Die Mobilität ist ein hohes Gut. Jedem ist es wichtig, sich frei räumlich bewegen zu können und legt durchschnittlich 3 Wege pro Tag zurück. Nun gibt es viele Möglichkeiten, sich fortzubewegen:  zu Fuß, per Fahrrad, mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bahn, Bus, S-/U-Bahn, Tram), im Auto und per Flugzeug kommt man voran. 

Betrachten wir nun die einzelnen Verkehrsmittel aus Sicht der Ökoeffizienz:

Die eigenen Füße haben aus Sicht der Ökoeffizienz die besten Karten: Es werden weder Treibstoff verbraucht, noch Abgase produziert, noch ist Transportmaterial (Räder, Gestell usw.) nötig, das produziert, gewartet und am Ende der Nutzungsdauer entsorgt werden müsste.

Darüber hinaus ist aufgrund des geringen Platzbedarfes sowie der bescheidenen Ansprüche an die Bodenbeschaffenheit beim Fußgänger am wenigsten Flächenversiegelung notwendig.

Der große Nachteil: Zu Fuß gehen ist mit ca. 5 km/h recht langsam. Insbesondere in "modernen" Städten mit autogerechten Strukturen (Einkaufszentren im Umland, breite Straßen als Hindernisse usw.) ist der Fußverkehr auf ein zusätzliches Verkehrsmittel angewiesen, sobald die Strecke eine gewisse Länge (ca. 2-5km) überschreitet. 

In diesem Bereich kann das Fahrrad als schnellstes nichtmotorisiertes Verkehrsmittel (20 km/h) seine Stärken ausspielen: Während man in 10 Minuten zu Fuß nur ca. 0,8 Kilometer weit kommt, schafft man auf dem Fahrrad in der gleichen Zeit ca. 3,2km - was einer Ausweitung des Aktionsspielraumes um das 16fache (von 2 km2 auf 32 km2) entspricht. Damit hat man in einer "Stadt der kurzen Wege" auch (und gerade) bei eng begrenztem Zeitbudget die Möglichkeit, alle Fahrten auf dem Rad zurückzulegen. Mit dem Fahrrad ist man übrigens schneller als ein Autofahrer in Los Angeles, der trotz gigantischer Stadtautobahnnetze nur mit durchschnittlich 15km/h vorankommt.

Der Preis für diese Geschwindigkeitssteigerung aus Sicht der Ökoeffizienz ein leicht gestiegener Materialaufwand: Auch ein Fahrrad muss produziert, gewartet und irgendwann entsorgt werden. Genauso braucht ein Fahrrad Park-Platz und eine glatte Fahrbahn.

Aber dieser "ökologische Preis" ist lächerlich, wenn man ihn mit dem eines Autos vergleicht. Dieser umfasst nämlich weit mehr als den Benzinverbrauch: Allein zur Herstellung eines Autos (Eigengewicht ca. 1 Tonne) werden über die gesamte Schadschöpfungskette hinweg 15 Tonnen Abfall produziert und Unmengen an Wasser und Energie verbraucht. Die Entsorgung von ausgedienten Autos, deren Regelungsversuch durch die EU 1999 für heftigen Wirbel gesorgt hat, ist also nur die Spitze eines gigantischen Eisbergs aus Abfall, den die automobile Gesellschaft mit jedem neuen Auto einfährt.

Zwischen Produktion und Entsorgung geschieht mit den Autos das, was wir täglich auf den Straßen erleben: Benzin oder Diesel wird im Motor zu Abgasen verbrannt, um durchschnittlich etwa 1,8 Menschen fortzubewegen. Die landläufige Meinung, durch den Katalysator seinen die Probleme mit dem Abgas gelöst, stimmt leider nicht: Zum einen funktionieren Katalysatoren nur bei warmem Motor richtig, so daß die ersten Kilometer - und die Hälfte aller Autofahrten dauert nur fünf Kilometer - der Katalysator kaum Abgase zurückhält. Das hat unter anderem zur Folge, dass das Laub von Straßenbäumen aufgrund seiner Schadstoffbelastung als Sondermüll entsorgt werden muss.

Zum anderen kann auch ein voll funktionierender Katalysator nicht das Klimagas co2 aufhalten, weshalb die co2 Emissionen direkt an den Energieverbrauch gekoppelt sind. Und dieser hat sich, wie folgende Grafik des Bundesverkehrsministeriums zeigt, seit den 50er Jahren geradezu furchterregend entwickelt:

Zur Erläuterung: Energieverbrauch durch "Individualverkehr" ist hier dem Energieverbrauch durch Autoverkehr gleichzusetzen, da Energieverbrauch durch nichtmotorisierten Individualverkehr (also das Verbrennen von Kalorien im Körper) nicht erfasst wird.

Ein weiterer besorgniserregender Trend in der Grafik ist die Entwicklung des Luftverkehrs: Dieser hat sich von einer zu vernachlässigenden Größe (bis ca. 1960) zu einem der wichtigsten Energieverbrauchern im Verkehr gemausert und ihm werden die größten Zuwachsraten (ca. Verdopplung in 10 Jahren) prognostiziert.

Dies ist in mehrfacher Hinsicht schlimm: Zum einen ist der Luftverkehr, auch auf Personenkilometer gerechnet (und mit dem Flugzeug fliegt man üblicherweise erheblich weiter als per Auto oder Fahrrad), in Bezug auf Energieverbrauch, Lärmemission, Abgase und co2-Ausstoß das mit Abstand umweltfeindlichste Verkehrsmittel. Dazu trägt auch bei, dass die Abgase des Luftverkehrs in den empfindlichen hohen Luftschichten ausgestoßen werden und dadurch verstärkt zum Treibhauseffekt beitragen.

Zum anderen genießt der Flugverkehr trotz allem immer noch immensen politischen Rückhalt, weshalb weiterhin Flughäfen gebaut und erweitert, Luftfahrtgesellschaften subventioniert und Flugbenzin sogar von der Steuer befreit wird. Dadurch gewöhnen sich Leute an billige Urlaube in ferne Länder und es bilden sich Berufsgruppen heraus (z.B. gehobenes Management und Unternehmensberater), für die Flugreisen zum Berufsalltag gehören. Die Folge ist, dass sich letztendlich Strukturen bilden, die eine Rückführung des Flugverkehr auf ein ökologisch erträgliches Maß schwierig, extrem unpopulär und dadurch politisch nahezu unmöglich machen - bis es zu spät ist.

Eine Alternative zu Flug- und Autoverkehr sind die öffentlichen Verkehrsmittel Schienenverkehr und Reisebusse. Auch diese bringen Umweltbelastungen mit sich (Energieverbrauch, Produktion, Wartung der Anlagen, Entsorgung, usw.), die jedoch - wie aus der ersten Tabelle ersichtlich - nur einen Bruchteil der Belastungen aus dem Auto oder gar Luftverkehr betragen.

Ein letzter Blick auf die obige Grafik zeigt, dass ähnlich schwindelerregend der Energieverbrauch des "Güterverkehrs auf der Straße", also des Lastwagenverkehrs, zugenommen hat. Die Gründe hierfür sind viele:

Ökoeffizient Handeln im Verkehr

Wir haben jetzt einen Überblick über die Ökoeffizienz der einzelnen Verkehrsträger. Ökoeffizientes Handeln im Verkehr bedeutet nun, die Umweltauswirkungen des eigenen verkehrsrelevanten Verhaltens zu minimieren. Dies muss nicht Zeitverlust, Komforteinbußen oder Mobilitätsverzicht bedeuten. Es kann vielmehr Geld sparen, Gesundheit und Wohlbefinden stärken und sogar schneller sein.

 Im Stadtverkehr bietet sich vor allem das Fahrrad an: Es ist von der Reisezeit (also der Zeit von Tür zu Tür) her betrachtet bei kurzen Distanzen (< ca. 3km) das schnellste Verkehrsmittel. Gründe für die kurze Reisezeit sind vor allem die Flexibilität, punktgenaue Zielansteuerung (der Fahrradparkplatz ist meist sehr nah bei Start -und Zielpunkt), keine Parkplatzprobleme und geringe Stauempfindlichkeit. Gepäck lässt sich ebenfalls mühelos transportieren, sofern man einfache Hilfsmittel wie Fahrradkorb, Rucksack und Expander benützt.

Call A Bike

Eine neue Form des Radverkehrs wurde von dem Unternehmen Call A Bike entwickelt: Wie der Name ("ruf Dir ein Fahrrad") sagt, kann man bei dem Unternehmen, seit 2001 eine Tochter der Deutschen Bahn, per Anruf Fahrräder ausleihen. In der Praxis sieht das so aus:

Die Fahrräder sind in den von Call A Bike bedienten Städten - derzeit München, Berlin, Frankfurt und Köln - an Kreuzungen im Innenstadtbereich verteilt. Am grün blinkenden Schloss erkennt der Kunde, dass das Fahrrad frei ist. Durch einen Anruf bei der Hotline bekommt er/sie den Code zum Schloss, mit dem er das Fahrrad beliebig lange auf- und zusperren kann. Will man das Fahrrad bzw. "Callbike" zurückgeben, stellt man es an einer Kreuzung im Innenstadtbereich (in München innerhalb des Mittleren Rings) ab und drückt den Rückgabeknopf. Dadurch erscheint ein Quittungscode, den man per Anruf an Call A Bike durchgibt - und fertig.

Der Unterschied zum Vorläufer (April bis Oktober 2000) ist, dass alles per Mobiltelefon erledigt werden kann und hinter dem System nicht mehr das 2001 in Konkurs gegangene Start-up Unternehmen Call A Bike AG, sondern die Deutsche Bahn steht.

Kosten entstehen nur bei den Fahrten: 6 Cent/Minute (Normaltarif) oder - für Inhaber einer BahnCard oder der Callabike-Card (kostet 20 € pro Jahr) 4 Cent/Minute (AktivTarif). Da Grundgebühr, die früher erhoben wurde, entfallen ist, sind insbesondere Kurzstrecken sehr erschwinglich geworden: Eine viertelstündige Fahrt kostet 90 bzw. 60 Cent.

Wozu braucht man ein Callbike?

Es gibt viele Situationen im Leben, in denen man ein Callbike gebrauchen kann.

Dies sind nur ein paar der Nutzungsmöglichkeiten von Callbikes. Wer mehr zu Call A Bike wissen möchte, klicke einfach hier oder rufe die Hotline 0700 0 5 22 55 22 an. 

Noch ein kleiner Blick auf Call A Bike mit den Augen der Ökoeffizienz: Gegenüber der Alternative Taxi- oder Autofahrt sind Callbikes unschlagbar ökoeffizient. Ob sie noch ökoeffizienter sind als das eigene Fahrräder im Privatgebrauch, ist eine müßige Frage. Dazu die kurze Antwort: es hängt von der Auslastung ab. Wenn sie - wie bei dem vergleichbaren "City Bike" System in Kopenhagen - oft benützt werden, sind Callbikes den Privaträdern weit überlegen, da aus den einzelnen Fahrrädern viel mehr Fahrten herausgeholt werden als bei Privaträdern, die leider oft ein Schattendasein im Keller fristen. Für Faktor4-Insider: Die MIPS (Materialintensität pro Service) ist bei Callbikes deutlich geringer. Wird das System dagegen zu wenig genutzt, könnte die MIPS durch die notwendigen Fahrräder, Schlosscomputer und IT-Infrastruktur die eines Privatrades übersteigen. Auch deshalb ist es ein Anliegen der Oha!, das System bekannt zu machen und einen hohen Nutzungsgrad von Call A Bike zu erreichen.

Öffentliche Verkehrsmittel und Bahn

Wie bereits erwähnt (und aus der ersten Tabelle ersichtlich), ist die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln (Schienenverkehr,  Reisebusse) ökologisch deutlich effizienter als die von Autos oder Flugzeugen. Ein weiterer drastischer Vorteil: Die Reisezeit in der Bahn lässt sich hervorragend für Schreibarbeiten, Lesen, Entspannen, Essen usw. nutzen. Im Auto dagegen ist der Fahrer mit dem Fahren voll ausgelastet und auch Beifahrer haben aufgrund des begrenzten Platzangebots und der Fahrgeräusche wenig Gelegenheit, die Zeit sinnvoll zu nutzen. Im Flugzeug wird die durch die physische Geschwindigkeit "gewonnene" Zeit meist durch lange Fahrtwege vom Flughafen zum Ziel, Warterei auf am Flughafen, Lärm, Enge, Laptop- und Handyverbot wieder zunichte gemacht.

Da die echten Kosten des Autoverkehrs (neben den Umweltschäden auch Wertverlust, Unfallgefahr, Wartung, Versicherung usw.) sich nicht bei der einzelnen Fahrt bemerkbar machen und der Flugverkehr immer noch massiv subventioniert wird, erscheint die Bahnfahrt auf den ersten Blick recht teuer. Doch dieser Preis lässt sich einerseits durch Nutzung der zahlreichen Sonderangebote (Schönes Wochenende Ticket, Bayernticket, Guten Abend Ticket usw.) und andererseits durch die BahnCard senken.

Informationen dazu und zu Fahrtzeiten finden sich auf www.bahn.de oder unter der Telefonnummer 01805-996633.

Flugverkehr

Dem Flugverkehr ist aus Sicht der Ökoeffizienz auch beim besten Willen nichts abzugewinnen. Das schnöde Argument, "der Flieger fliegt ja sowieso", kann nur oberflächlich das Gewissen beruhigen: In den meisten Fällen mag man vielleicht wirklich nur "einen leeren Platz gefüllt" haben - die einzelne Buchung könnte aber auch der Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen und die Luftfahrtgesellschaft dazu brachte, die Strecke intensiver zu bedienen.

Man sollte sich also vor jedem Flug drei Mal überlegen, ob der Nutzen ("Zeitgewinn", exotische Urlaubsländer, Geschäftstermine) wirklich die massive Umweltbelastung wert ist. Wer aufgrund seines Berufs meint, nicht auf häufige Flugreisen verzichten zu können, sollte sich überlegen, ob er den richtigen Beruf gewählt hat. Oft lassen sich mit Kreativität und Problembewusstsein deutlich umweltfreundlichere Lösungen, z.B. Videokonferenzen (geschäftlich), Bahn- und Busreisen (privat), oder ein schöner Urlaub in der näheren Umgebung (z.B. Ostsee, Alpen, Bodensee, Osteuropa, usw. - der Verkehrsclub Deutschland (vcd) hält einige spannende Urlaubstipps bereit) finden.

Ökologisch besonders ineffizient ist es, wenn ein langer Urlaub durch eine Vielzahl von Kurztrips in ferne Länder ersetzt wird. Zu der vervielfachten, ressourcenverschwendenen Wegstrecke kommt die geringe Erholung, da ein großer Teil des Urlaubs durch Hin- bzw. Rückfahrt und Vorbereitung verbraten wird. Kaum hat man die Koffer ausgeräumt, muss man sie schon wieder packen.

Güterverkehr

Was hat der Ottonormalverbraucher mit dem Güterverkehr zu tun? Eine ganze Menge. Durch seine Kaufentscheidungen, also dadurch, dass er bestimmte Güter an einem bestimmten Punkt abnimmt, wird er letztendlich unwissend zum Auftraggeber für einen Haufen blödsinniger Gütertransporte - meist per Lastwagen oder Flugzeug. So wird beispielsweise in der Discountkette "Norma" in Bamberg (Bayern) Butter aus Berlin-Brandenburg angeboten, obwohl in unmittelbarer Umgebung (Scheßlitz) eine gewaltige Molkerei mit allerlei günstigen und leckeren Milchprodukten steht. Schlichtes Wasser wird in gigantischen Mengen französischen Quellen entnommen (und fehlt dort dem Wasserkreislauf), um es in lächerlich unstabilen Pfandflaschen (die wohl keinen Durchlauf überleben würden und daher vermutlich nach der Rückgabe irgendwie "entsorgt" werden) durch ganz Europa zu karren und als "gesunden Durstlöscher" unter dem Namen Evian, Vittel oder Volvic anzubieten. Der gleiche "gesunde Durstlöscher" kommt, weniger abgestanden, zu einem 250tel des Preises und zu vergleichsweise lächerlichen ökologischen Kosten aus dem Wasserhahn.

Ökoeffizient Handeln in diesem Bereich bedeutet vor allem, regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken. Das bedeutet, Produktion und Verbrauch möglichst ortsnah zu gestalten - dass also Hamburger Hamburger essen (Ha! Scherz) nein, also dass Hamburger Milch, Butter, Wurst, Brot, Fisch usw. aus lokaler Produktion in Schleswig-Holstein essen, Sachsen die Sachen aus Sachsen konsumieren und Münchner ihr leckeres Augustiner Bier trinken. Das hat mit Provinzialität oder gar Nationalismus genauso wenig zu tun wie das wahllose Verspeisen von irischer Butter, Südafrikanischem Wein, Alaska-Lachs mit Weltbürgertum zu tun hat. Natürlich bedeutet ökoeffizientes Handeln nicht, Leckereien aus fernen Ländern vollständig vom Speiseplan zu verbannen - wohl aber bedeutet es einen maßvollen, bewussten Einkauf und Genuss dieser Dinge und eine weitgehende Substitution ressourcenintensiver Produkte durch umweltfreundlichere, lokal produzierte.

Autoverkehr

Wer die vorausgehenden Ausführungen studiert hat, könnte zum Schluss kommen, dass der Autor mit  Autos auf Kriegsfuß steht. Obwohl Protzigkeit und Ressourcenfraß mancher Autos (z.B. Geländewagen) und die naive Autoverliebtheit mancher Fahrer mir häufig sauer aufstoßen, bin auch ich mir natürlich bewusst, dass die Strukturen des Autoverkehrs auch ihre Vorteile haben und sich nur sehr langfristig rückgängig machen lassen. Man wird wohl die nächsten Jahrzehnte mit ihnen leben müssen und es hat nur wenig Zweck, innerhalb einer Autogesellschaft so zu tun, als gäbe es diese nicht. Und - geben wir es zu - manchmal ist ein Auto praktisch.

Car Sharing

Ein Umzug, ein Einkauf bei IKEA, ein Ausflug zu einem abgelegeneren Ziel mit Kindern - dies per Fahrrad oder Bahn zu erledigen, erfordert schon einiges an Enthusiasmus. Sich wegen solcher Einzelanlässe jedoch ein eigenes Auto zuzulegen, macht wenig Sinn: Letztendlich geht es um den Nutzen des Autos - also sich, andere und Gepäck transportieren zu können - und nicht um das Haben des Autos. Das Haben eines Autos mit all seinen Scherereien - Kauf, Anmelden, Inspektion, Steuer, Versicherung, Parkplatz, Reparaturen, Pflege usw. - kann man sich mit Hilfe von Car Sharing ersparen, ohne auf den Nutzen verzichten zu müssen.

In der Praxis sieht Car Sharing meist so aus: Ein Verein oder Unternehmen hat an verschiedenen Stellplätzen in der Stadt mehrere Autos verteilt. Verspürt eins der Mitglieder oder Kunden den Bedarf nach einer Autofahrt, ruft es in der Zentrale an und lässt sich eins für einen bestimmten Zeitraum reservieren. Der mehrmonatiger Praxistest beim Car Sharing Verein Ökobil Bamberg e.V. ergab, dass auch bei spontanen Buchungen (wenige Minuten vor der Fahrt) immer ein Auto verfügbar war. Bei Fahrtbeginn und Fahrtende füllt man ein kurzes Formular aus, auf dem Mitgliedsnummer, Kilometerstand und Zeit erfasst werden. In bestimmten Zeitabständen erhält der Nutzer die Rechnung für seine Fahrten.

Das tolle am Car Sharing ist: Die fixen Kosten des Autofahrens sind mit einem geringen Jahresbeitrag (bei Ökobil 30 Euro) völlig abgedeckt. Während ein eigenes Auto auch dann einen Haufen Geld (Wertverlust, Versicherung, Steuer, Inspektion, Stellplatzmiete usw.) kostet, wenn es einfach nur rumsteht (und das macht es 98% der Zeit) und man dadurch immer den Anreiz verspürt es zu nutzen, damit man "was davon hat", kostet Car Sharing nur dann Geld, wenn man fährt: Der Preis einer Fahrt ist meist aus einer zeitabhängigen und einer kilometerabhängigen Komponente zusammengesetzt (Ökobil: 1 €/h und 10-20 Cent/km) und das war's. Benzin, Versicherung, Steuer und der ganze Kladderadatsch sind damit bezahlt. Und noch ein Vorteil: Als Car Sharer hat man nicht nur ein Auto, sondern den ganzen Pool zur Verfügung - vom Corsa bis zum Minivan.

Betrachten wir die ganze Sache aus Sicht der Ökoeffizienz: Natürlich bläst eine Car-Sharing Fahrt genauso Abgase in die Luft wie eine Privatautofahrt. Aber

  1. Car Sharing Vereine setzen eher sparsame Autos ein, weil sie tendenziell ökologisch eingestellt sind und die Benzinkosten übernehmen müssen
  2. Die Auslastung des einzelnen Autos beträgt das Vielfache der eines Privatautos - die MIPS pro Fahrt sinkt also deutlich
  3. Car Sharer benötigen viel weniger Parkfläche: Bei Ökobil beispielsweise teilen sich ca. 85 Nutzer vier Autos. Wenn wir annehmen, dass sich jedes zweite Mitglied ohne Ökobil ein Auto gekauft hätte, reduziert sich der Parkplatzbedarf (-> Flächenversiegelung) durch das Car Sharing um über 90%.
  4. Durch die Preisstruktur (nur Fahrten kosten Geld) haben die Nutzer ein deutlichens Motiv, so wenig wie möglich Autofahrten zu machen - ein Anreiz, der bei Privatautos nicht gegeben ist.

Insofern ist also Car Sharing aus Sicht der Ökoeffizienz empfehlenswert, da der Einzelne Zugang zu den Vorteilen der Autogesellschaft erhält, ohne von ihr vereinnahmt zu werden. Mehr Informationen gibt's unter www.car-sharing.de und - für Ökobil Bamberg - www.oekobil.de

Das 3 Liter Auto

Was finden alle gut, aber keiner kauft es? Stimmt, das 3-Liter Auto. Obwohl bei jeder Benzinpreiserhöhung (und so ziemlich in jeder Ausgabe der ADAC Motorwelt) das Gejammer über den Benzinpreis ins Unerträgliche anschwillt, greifen die Deutschen beherzt zu - allen möglichen Autos: Geländewagen, Minivans, Roadster, Cabrios, Sportwagen und Luxuslimousinen. Seit 1999 gibt es die Möglichkeit, sich mit einem 3 Liter Auto, dem VW Lupo 3L, durch die Lande zu bewegen - doch kaum einer tut es. Infolge dessen bleibt VW auch heute, 2005, mit seinem Lupo und der hauseigenen Konkurrenz, dem Audi A2, allein auf dem 3-Liter Markt.

Warum das so ist, ist recht schleierhaft. Möglicherweise liegt es am Preis für einen neuen 3L-Lupo (ca. 15.000 €), obwohl der sich bei entsprechender Nutzung schnell wieder amortisiert. Vielleicht denken sich die Käufer, dass, wenn sie schon 15.000 Euro ausgeben, dann nicht für so etwas Langweiliges wie Benzinsparen, sondern für mehr PS, Leichtmetallfelgen, Klimaanlage und so? Nun ja, hier befinden wir uns in der Welt der niederen Instinkte und kulturpessimistischen Spekulationen.

Den Lupo 3L jedenfalls habe ich neben dem Liegerad Wavey als Dienstwagen. Die wichtigste Frage ist natürlich: Stimmt das mit den drei Litern? Die Antwort lautet: ja, aber. Drei Liter Durchschnittsverbrauch sind insbesondere bei Überlandfahrten durchaus zu erreichen, wenn man vorausschauend und behutsam fährt. Läßt man sich allerdings zu "normalem" Fahrverhalten, also Autobahnfahrten mit >130 km/h, zügigem Beschleunigen und Bremsen etc. hinreißen, so liegt der Verbrauch eher bei 3,8 - 4,5 Litern. Die gute Nachricht ist: Diesen Wert kann man in allen Einsatzbereichen, also auch im Stadtverkehr erreichen. Wir erinnern uns: Im Stadtverkehr braucht ein herkömmliches Auto 7-15 Liter!

Ansonsten ist der Lupo ein netter Kleinwagen, der alles hat was ein Auto so braucht: hohe passive und aktive Sicherheit (also sind auch Fußgänger, die auf einer Lupo-Kühlerhaube landen, vergleichsweise gut dran), eine tolle Geräuschisolierung, umklappbare Rückbänke und damit erstaunlich viel Gepäckraum (solange man nur zu zweit ist) und ein schönes Fahrverhalten.

Aus Sicht der Ökoeffizienz stellt sich das 3 Liter Auto folgendermaßen dar: Ideal wäre es als Besetzung für Car Sharing Vereine eingesetzt. Dort würde der Hauptvorteil, der geringe Benzinverbrauch, am meisten zum Tragen kommen.

Im Privatbereich bleiben die anderen grundsätzlichen Probleme von Autos - gewaltiger Ressourcenverbrauch (15t Abfall, Wasser, Energie) bei der Produktion, Flächenversiegelung, Schadstoffemission, Entsorgung usw. Deshalb sollte man, auch wenn die  meisten Probleme beim 3L Lupo etwas weniger schwerwiegend ausfallen, auf ein eigenes Auto verzichten. Geht das auch nach Prüfung der Option Car Sharing nicht,  sollte es am besten ein 3 Liter Auto sein. Das schont Geldbeutel und Umwelt und setzt ein Zeichen für die Autoindustrie, mehr in dem Segment anzubieten. Ein ausführlicher Oha! Fahrbericht findet sich unter der Rubrik 3L- Lupo.

Wem ein Lupo zu klein ist, der greife sich die Auto-Umweltliste des VCD zur Hand, die man dort bestellen kann. Darin sind aktuelle Modelle mit ihrer Umweltverträglichkeit, Preis und Leistungen aufgeführt, die ökologisch am wenigsten schädlich sind.

Das 0,055 Liter Auto

Angesichts der enormen Effizienz eines 3-Liter Autos im Vergleich zu "normalen" Autos und der Tatsache, dass auch nach 6 Jahren kein sparsameres Auto auf den Markt gebracht wurde, könnte man glauben, das "Ende der Fahnenstange" sei technisch so langsam erreicht. 

Weit gefehlt! Im Mai 2005 haben Tüftler auf dem Shell Eco Marathon gezeigt, was für Sparmobile möglich sind: Der "Schluckspecht 3" der FH Offenburg schaffte mit einem 4,2 PS Dieselmotor einen Verbrauch von 0,055 l/100km! Das ist gegenüber dem 3-l-Auto eine Reduktion von 98,2%, gegenüber dem Ziel des VDA (Verband deutscher Automobilhersteller), 7,7 l/100km Durchschnittsverbrauch bei Neuwagen 2005, sogar über 99%. 

Natürlich ist der Schluckspecht kein "richtiges" Auto, es passt nur ein Mensch rein und die Höchstgeschwindigkeit ist mit 48 km/h  nicht wirklich berauschend. Aber es zeigt doch, welch geringer Energieeinsatz tatsächlich notwendig ist, um einen Menschen vorwärts zu bewegen - und wie gewaltig das Einsparpotential noch ist.

ADAC und VCD

Was die Autolobby in Deutschland so stark macht, ist nicht zuletzt der ADAC (Allgemeiner Deutscher Automobil Club) mit seinen Millionen Mitgliedern, deren Zorn von Politikern gefürchtet ist. Eine ADAC-Mitgliedschaft hat unbestreitbare Vorteile: Seine Serviceleistungen, insbesondere Pannenhilfe und Schutzbriefe, können im Ernstfall sehr nützlich sein. Der Nachteil ist jedoch, dass der ADAC unverhohlen für die ungebremste Automobilität (für Straßenbau, gegen Ökosteuer) einsteht und jede (neue) Mitgliedschaft ihn bei der Verfolgung dieser Ziele bestärkt.

Wer dagegen eine umfassendere Vorstellung von Verkehr hat und vor allem die ökoeffizienteren Alternativen zum Auto (Fahrrad, Bahn, ÖPNV, etc.) unterstützen möchte, ist beim VCD (Verkehrsclub Deutschland) gut aufgehoben: Auch der VCD bietet Serviceleistungen (Schutzbriefe, Versicherungen) für alle Verkehrsträger an und fördert ökoeffizientes Verhalten durch eine konsequent am Umweltschutz gestaffelte Preisstruktur. So läßt sich ein neuer 3l-Lupo über den VCD ca. 40% günstiger versichern als über herkömmliche Versicherer.

Darüber hinaus liefert der VCD ein intelligentes Heft zu Verkehrsthemen ("fairkehr") und leistet intensiv Lobbyarbeit für ökoeffiziente Verkehrsträger, was sich nicht zuletzt im "nationalen Fahrradplan" und der BahnCard niederschlug.